Umgang mit Mehrsprachigkeit in der fachlichen Förderung

Wenn deutlicher als bisher die Situation der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund wahrgenommen wird, stellt sich die Frage, wie ihre Stärken gestärkt und ihr Lernbedarf gefördert werden können. Entscheidend ist, wie sehr in der Schulkultur, im innerschulischen und außerschulischen Lernen und in der Zusammenarbeit mit den Eltern der Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler willkommen geheißen und als selbstverständlicher Teil des Umfelds Schule wahrgenommen wird. Stärken in kulturellen Bereichen gehen hier oft einher mit großem Lernbedarf im Bereich der formalen, seltener der alltäglichen Sprachverwendung.

Schule als System kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. In der Entwicklung von Alltagsroutinen, in der Unterrichtsentwicklung und der Erstellung von niveauangepasstem Material können hier Schwerpunkte liegen.

Dazu wird in die Überlegungen einbezogen, dass bei einer konsequenten Förderung in "Deutsch" von einem Lernzeitraum von sechs bis zehn Jahren ausgegangen werden muss, bis altersgemäß eine ähnliche Kompetenz wie bei Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Muttersprache erreicht ist. Förderung ist hier also nur erfolgreich, wenn sie langfristig und konsequent erfolgt. Eine Förderung, die sich auf wenige Stunden als Zusatz zum Fach Deutsch versteht, reicht auf Dauer nicht aus. Ebenfalls kann so kaum der Lernbedarf in den Sachfächern abgedeckt werden.

Um Förderung in hinreichendem Umfang und sachlich angemessen zu erreichen, ist ein Förderkonzept sinnvoll, das nicht nur langfristig und konsequent die Unterstützung beim Lernen verbunden mit dem Fach Deutsch leistet, sondern auch durchgängige Sprachförderung in den anderen Fächern sicherstellt. In vielen Fällen führt dies für Fachlehrer zu einer anderen Perspektive auf ihren Unterricht, da sie sich bisher nicht klar darüber waren, wie sie mit Sprache z. B. im Fach Physik umgehen und wie sie den Erwerb gerade ihrer spezifischen Fachsprache unterstützen können. Sie sind aber als kompetente „Fachkenner“ z. B. ihrer eigenen „Physik“- oder „Chemie“-Sprache unentbehrlich bei der erfolgreichen Förderung. Unterstützung benötigen sie beim Entwickeln von Lernmaterialien und beim Einsatz von Methoden, wie sie sonst eher der Fremdsprachenunterricht verwendet. Hier ist eine Zusammenarbeit innerhalb der Schule notwendig.

Eine weitere hilfreiche Grundlage ist die Kooperation der sprachlichen Fächer untereinander. Hier ist gedacht an Deutsch und die Fremdsprachen, aber auch an den muttersprachlichen Unterricht (MSU). Da die Fremdsprachen und der MSU gemäß ähnlicher kompetenzorientierter Kernlehrpläne unterrichtet werden, gibt es hier viele Anknüpfungspunkte, die eine Zusammenarbeit oder Parallelisierung von Unterricht in bestimmten Phasen ermöglichen. Auch kann man sich auf gemeinsame Strategien des Sprachenlernens verständigen, die in allen Sprachen und Deutsch ähnlich sein können und so eine Reflexion der Schülerinnen und Schüler über ihr eigenes Sprachenlernen anbahnen und Hilfen beim zunehmend selbstständigen Erlernen der Sprachen geben. Eine gemeinsame Basis kann hier z. B. mit Hilfe des https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Unterricht/Lernbereiche-und-Faecher/Fremdsprachen/Kontext/Europaeisches-Portfolio-der-Sprachen/index.html gefunden werden.

Insgesamt werden all diese Überlegungen zu Schulvereinbarungen in Bezug auf die sprachliche Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund gebündelt. Im Rahmen dieser Übereinkünfte und des Selbstverständnisses von Schule als System zur sprachlichen Förderung kann dann eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund erfolgen.

Es gibt Bereiche, in denen Schülerinnen und Schüler ähnliche oder identische Schwierigkeiten und Lernfortschritte haben. Hier kann in Klassen-, Förder- oder Fordergruppen gearbeitet werden. An anderen Stellen ist sogar eine individuelle Beratung notwendig. Für sie können im Rahmen der Unterrichtsentwicklung oder beim Einsatz von Förderstunden Freiräume geschaffen werden, wenn z. B. im individualisierten Lernen gezielt an der Weiterentwicklung der eigenen Stärken und Interessen gearbeitet wird oder wenn z. B. bestimmte individuelle Fehlerschwerpunkte bearbeitet werden