Mit Kindern reden Geschichtenerzähler Claus Claussen im Interview
Wie begeistern Sie Kinder für das Erzählen und Schreiben von Geschichten?
Mündliches und Schriftliches sind eng verbunden. Kinder müssen Geschichten hören. So lernen sie, neue Worte, Begriffe, Erzählschemata und setzen diese in Schriftsprache um. Alle Geschichten, die Kinder emotional berühren, sind für sie interessant. Wenn sie sich in Geschichten reinlachen, reden und überlegen sie mit und werden selbst aktiv. Kinder lieben es, Geschichten zu verändern und weiterzuspinnen.
Wo sehen Sie die größten Defizite?
Wir reden zu wenig mit unseren Kindern. Manche Kinder mit ausländischem Hintergrund hören, sprechen, lesen oder schreiben außerhalb der Schule kein Wort Deutsch. Aber auch in vielen deutschen Familien wird kaum noch gesprochen.
Was können Eltern sprachfauler Kinder konkret tun, um ihrem Nachwuchs zu helfen?
Eine angeborene Sprachfaulheit gibt es nicht. Manche Kinder haben sich nur schon daran gewöhnt, dass niemand mit ihnen spricht. Ihre Kontaktversuche wurden abgeblockt, deshalb schweigen sie.
Wie kann man Erzähl- oder Schreibinteresse fördern?
Die Stiftung Lesen hat einige interessante Projekte; auch Kinderschreibseminare sind eine gute Sache, ebenso Seiten im Internet, wo Kinder Geschichten veröffentlichen können.
Welches Erstlesebuch würden Sie Kindern schenken?
Wimmelbücher. Da sitzen Erwachsene und Kinder zusammen, entwickeln Geschichten, wiederholen Wörter, lernen neue. Wenn alle in das Buch schauen: Mama, Papa, Onkel, Geschwister, Freunde – dann lernt das Kind: Das muss spannend sein, das interessiert auch mich.
Nach: Schule+Familie 03/2007, S. 34